Die Patenschaft

Diese Website dient hauptsächlich zur Unterstützung der Patensuche für die Gedenkstätte Waldniel. Dank der Vielen, die mit ihrem Interesse an der Entstehung der Gedenkstätte beitragen, braucht es keine Anmeldungen mehr, um für jeden in der NS-Zeit in der Pflegeanstalt Waldniel verstorbenen Menschen eine Patin oder Paten nennen zu können.

Informationen zu Terminen, zur Geschichte und zum Hintergrund für die Gestaltung finden Sie unten.

DIE PATENSCHAFT

Die freiwillige Übernahme einer Fürsorgepflicht wird oft als Patenschaft bezeichnet. Im Rahmen der Neugestaltung der Gedenkstätte Waldniel besteht die Patenschaft aus der aktiven persönlichen Teilhabe am Prozess des Erinnerns – eine finanzielle Beteiligung spielt hierbei ganz bewusst keine Rolle.

DEN NAMEN SCHREIBEND NENNEN

Die Patinnen und Paten sind Teil einer Gemeinschaft der Erinnerung. Sie erinnern an die Menschen die während der NS-Zeit in der Provinzial- Heil und Pflegeanstalt Waldniel-Hostert starben. Von den Lebensgeschichten dieser Menschen ist wenig bekannt. Die Information beschränkt sich oft auf den Namen, das Geburts- und Sterbedatum sowie die Todesursache.
Schreibende Hand auf Buch
Mit dieser Lebensspur kommen die Patinnen und Paten direkt in Kontakt, indem sie handschriftlich den Namen und diese Lebensdaten schreiben. Die Schriftzüge werden auf Messingplättchen übertragen und an einer Gedenkmauer am ehemaligen Friedhof montiert. Dieser Prozess ist wesentlich aufwendiger als herkömmliche Grabinschriften, keine Handschrift gleicht der anderen. Die Gedenkplättchen entsprechen nicht der Ästhetik serieller Herstellungsprozesse. Die unterschiedlichen Schriftzüge hinterlassen eine individuelle Spur von 548 Menschen, die heute leben und sich aktiv an die Verbrechen erinnern wollen.

Probeguss einer Bronzeplakette
Probeguss einer Bronzeplakette

Bereits vor der Eröffnung der Gedenkstätte erschließt sich so ein Raum der Erinnerung, da über die entstehende Gedenkstätte und ihre Geschichte gesprochen werden muss, um die Beteiligten zu finden und einzubinden. Seit dem 3. November sind 48 Schülerinnen und Schüler aus den Bezirken Schwalmtal und Viersen aktiv an der Patensuche beteiligt. Damit wird Erinnerung zu einem lebendigen Prozess, der zwischen Menschen entsteht, die heute leben. Deshalb und weil wir wollen, dass die Toten nicht nur durch eine Zahl dargestellt werden und der Name jedes Menschen tatsächlich erinnert wird, suchen wir Patinnen und Paten, die diese Namenszüge zum Gedenken schreiben.

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GESTALTUNG

Grundriss der Gedenkstatte Waldniel
Orientierungsplan Neugestaltung Gedenkstätte

Unser Entwurf schafft einen kontemplativen Ort, der ganz klar zeigt, dass hier auch ermordete Kinder begraben sind. Das Konzept beruht auf der Einbindung von vielen unterschiedlichen Akteurinnen und Akteuren und eröffnet so Räume des sozialen Aspekts des Erinnerns.

Zwei skulpturale Hauptelemente strukturieren das Gelände der Gedenkstätte.

ANNÄHERUNG

Es wird eine neue Annäherungssituation hergestellt. Eine im Grundriss L-förmige Mauer aus anthrazit gefärbten Betonelementen schirmt den Gedenkort von der Straße ab. Durch das kontinuierliche Neigen der Betonelemente an der Längsseite öffnet sich den Hereingehenden der Blick in die Gedenkstätte langsam. An der Innenseite, der dem Friedhofsbereich zugewandten Stirnseite, sind Messingplättchen in die Mauer eingelassen, in die die Namen der Toten mit individuellen Schriftzügen gefräst sind.

Entwurf Ansicht Gedenkstätte Westseite Blick nach Innen
Entwurf Ansicht Gedenkstätte Westseite Blick nach Innen

KINDLICHE ZEICHEN AM EHEMALIGEN FRIEDHOF

Im ehemaligen Friedhofsbereich liegen drei kugelförmige Skulpturen aus bunt lackiertem Aluguss. Diese Kugeln sind jenen Objekten nachempfunden, die spielende Kleinkinder gerne aus Knetmasse herstellen, sie sind aber mit einem Durchmesser bis zu 180 cm stark vergrößert. Die Skulpturen entstehen in einem gemeinsamen Prozess mit Künstlerinnen und Künstlern aus dem Kunsthaus Kannen sowie mit Schülerinnen und Schülern aus Schwalmtal und dem Kreis Viersen.

Spielende Kinderhände
Spielende Kinderhände
Modelansicht Kugelskulptur
Modellansicht Kugelskulptur
Entwurfsskizze Kugelskulptur
Entwurfsskizze Kugelskulptur

EIN EINBLICK IN DIE GESCHICHTE DER GEDENKSTÄTTE

Die Gedenkstätte erinnert an die Menschen, die als Psychiatriepatientinnen und -patienten in der NS-Zeit Opfer von Zwangssterilisation, Mangelernährung und „Euthanasie“ wurden. Sie liegt auf dem 1913 angelegten Friedhof des St. Josefsheims, einer von den Franziskanerbrüdern betriebenen Bildungs- und Pflegeanstalt. 1937 übernahm die Provinzialverwaltung der Rheinprovinz das Heim mit ca. 600 Betten als Zweigstelle Waldniel der Provinzial-, Heil- und Pflegeanstalt Johannistal, Süchteln. Von 1941–1943 befand sich hier eine der größten sogenannten Kinderfachabteilungen des Deutschen Reiches mit 200 Betten. 99 Kinder starben während dieser Zeit – viele nachweislich als Opfer von Euthanasie- Maßnahmen.

Angeregt durch den Appell des Arbeitskreises zur Erforschung der NS-Euthanasie und Zwangssterilisation im Jahr 2012 beschloss der Landschaftsverband Rheinland 2016 die architektonisch künstlerische Erweiterung der Gedenkstätte durch die Arbeitsgemeinschaft struber_gruber.

Mehr Information unter:
www.waldniel-hostert.de

TERMINE

VORTRÄGE ZU DEN KRANKENMORDEN IN WALDNIEL

19. Mai 2017
13:00 – 17:00 Uhr
Bürgersaal
Rathaus Schwalmtal
Markt 20
41366 Schwalmtal

13:00 Peter Zöhren
Gedenken und Erinnern

14:00 Dr. Maike Rotzoll
Das Vergessen der Vernichtung ist Teil der Vernichtung selbst
Patientenmorde in der NS-Zeit

15:45 Andreas Kinast
Geschichte der Kinderfachabteilung und NS-„Euthanasie“ in Waldniel

 

SCHREIBEN DER NAMEN

19. Mai 2017
9:00 – 19:00 Uhr
Gangeszimmer
Rathaus Schwalmtal
Markt 20
41366 Schwalmtal

23. Mai 2017
10:00 – 14:00 Uhr
LVR Helen-Keller-Schule
Helen-Keller-Straße 2
5141 Essen

Ersatztermin Juni wird noch festgelegt.

ERINNERUNG ENTSTEHT GEMEINSAM
ZWISCHEN MENSCHEN, DIE HEUTE LEBEN

Seit dem 27. November 2016 hat sich für jede der 554 in der NS-Zeit in der Pflegeanstalt Waldniel ums Leben gekommenen Personen ein Pate oder eine Patin gemeldet.

Am 19. Mai werden mehr als 400 Personen ins Rathaus Schwalmtal kommen, um dort den Namen eines Toten zu schreiben, damit ein handgeschriebenes Namensschild an der Gedenkstätte Waldniel an diesen Menschen erinnert. Die Patinnen und Paten schreiben 554 kleine Gedenktafeln, jede in ihrer eigenen Handschrift. An der Gedenkstätte wird eine Ästhetik der Differenz sichtbar.

Wir laden kleine Gruppen von Schreibenden über den Tag verteilt ins Rathaus, um ihnen eine ruhige, konzentrierte Atmosphäre und die nötige Aufmerksamkeit bieten zu können. Am Nachmittag finden begleitend Vorträge statt, die einen Einblick in die historischen Hintergründe der Krankenmorde während der NS-Zeit und in der Pflegeanstalt Waldniel geben. Außerdem wird über die Entwicklung der Gedenkstätte, die in der unermüdlichen Arbeit von Freiwilligen begründet ist und deren Neugestaltung jetzt durch den LVR möglich gemacht wird, gesprochen werden.

Wir bedanken uns sehr herzlich bei den Patinnen und Paten für ihre Bereitschaft, an der Entstehung der Gedenkstätte teilzuhaben!

Viele haben sich extra für diesen Tag frei genommen und nehmen eine weite Anreise auf sich. Zwischen ihnen und durch sie erschließt sich nicht nur ein Raum der Erinnerung, sondern die Präsenz dieser 400 Menschen setzt auch ein deutliches und lebendiges Zeichen gegen Ausgrenzung und Diskriminierung.

WACHSPLÄTTCHEN

Die Paten werden die Namen in Wachsplättchen mit 8cm Durchmesser schreiben. Sie sind die Grundlage für die Bronzegüsse die an der Gedenkstätte an die Toten erinnern.

Wachsplättchen der LVR Helen-Keller-Schule
Die Wachsplättchen wurden in der Werkstatt der LVR Helen-Keller-Schule hergestellt.

BRONZEPLAKETTE

Probeguss einer Bronzeplakette
Probeguss einer Bronzeplakette

PROJEKTWOCHE KUNSTHAUS KANNEN

19. bis 23. Juni 2017

Schülerinnen und Schüler der Europa Schule Schwalmtal und des Berufskollegs Viersen produzieren gemeinsam mit struber_gruber und Künstlern des Kunsthauses Kannen die großen Kugelskulpturen in der Kunstgießerei Anft.

Vortrag:

Gedenkstätte Waldniel
struber_gruber
21. Juni 2017
19:00 Uhr
im Kunsthaus Kannen
Alexianerweg 9
48163 Münster

„Wie von Kinderhand geknetet, so sollen sie aussehen, die riesigen Kugeln, die künftig einen Baustein der Gedenkstätte Waldniel bilden. Das Kunsthaus Kannen mit seinen Kreativen ist ein Partner des Projektes, das an die Euthanasie im Nationalsozialismus erinnern soll.

Rot, gelb und blau stechen sie aus dem Gelände hervor, die mannshohen Knetbälle. Noch gibt es sie nur auf den Zeichenplan des Künstlerpaars Katharina Struber und Klaus Gruber aus Wien. Doch schon im Sommer 2017 soll die Gedenkstätte Waldniel am Niederrhein eine neue Optik erhalten. Betonwände als Kontrast zu dem bunten Bällen, das Ganze in den jahreszeitlich geprägten Wald eingebettet. Im Juni dieses Jahres soll der Umbau der Gedenkstätte starten, die Künstler mit Behinderungen aus dem Kunsthaus Kannen werden dann mit dem Wiener Künstlerpaar und Schülern aus Waldniel gemeinsam ans Werk gehen. Ein inklusives Projekt, das helfen soll, dass die Erinnerung an die jungen Opfer nicht verblasst.“

(Carmen Echlmeyer/Alexianer Zeitung)

Die Schülerinnen und Schüler aus Schwalmtal und Viersen werden während der Projektwoche am Gelände der Alexianer in dem von der Alexianer Münster GmbH betriebenen Hotel am Wasserturm untergebracht sein. Gemeinsam mit struber_gruber und von Kunsthaus Kannen betreuten Kreativen werden sie täglich per Bus in die 20 km entfernte Werkstatt der Firma Anft fahren, um dort drei 180cm große Modellformen aus Gips herzustellen.

 

Gedenkstätte Waldniel Entwurf Ansicht Mauer mit handgeschriebene Gedenktafeln
Gedenkstätte Waldniel Entwurf Ansicht Mauer mit handgeschriebenen Gedenktafeln